Lady Washington

 

Die Lady Washington aus Kurt Cobains Heimatstadt Aberdeen, Washington, ist der ungemein detailgetreue Nachbau des ersten Schiffs, das jemals unter amerikanischer Flagge Kap Hoorn umrundete, doch weit bekannter dürfte sie durch ihre Rolle der HMS Interceptor in dem Film Piraten der Karibik sein. Ihr Vorbild wurde in den 1750ern in Boston gebaut. Sie wurde mit einem Freibeuterbrief ausgestattet und verfügte über mehrere Kanonen, die wir auch auf der Replika mit viel Vergnügen knallen lassen – wenn auch ohne Kugel.

 

Ihre eigene Geschichte ist ebenso spannend wie die des Films, denn der Kapitän stahl sie mehr oder weniger nach seiner Umrundung Südamerikas. Die Gegend um Washington war damals noch nicht von Siedlern und Soldaten erschlossen und gehörte nach wie vor den Ureinwohnern, mit denen der Kapitän fairen Handel betrieb. Für den Reeder in Boston war es kaum möglich, Zugriff auf das Schiff zu bekommen und den Kapitän zur Rückkehr zu bewegen. Dieser betrieb stattdessen lukrativen Handel mit China, brachte Seeotter-Pelze nach Asien und Tee und Gewürze wieder zurück.

 

Die Lady Waschington wurde ursprünglich als Einmaster gebaut, später für ihre Fahrt um Kap Hoorn aber zu einer Brigg umgerüstet. An Deck ist das Schiff nur gute 20 Meter lang, mit Klüverbaum und Brigg-Baum aber über 35. Sie sank erst im Jahr 1797, als sie in einem Fluss auf den Philippinen auf Grund lief. Über vierzig Jahre wurde sie alt, was für ein Schiff in jener Ära ein selten erreichtes Alter war – besonders angesichts ihrer zahlreichen Pazifiküberquerungen.

 

Die Replika ist von 1989 und wurde zur Feier des 200. Geburtstags des Bundesstaats Washington gebaut. In ihrem Rigg findet sich kein einziger Schäkel. Alles besteht nur aus Holz, Tauwerk, Leder und Segeltuch. Die wenigen verarbeiteten Metallteile wie Stahlringe und dergleichen sind alle von Hand geschmiedet. Die 15 Zentimeter dicken Rumpfplanken, die Masten und das Deck sind aus Douglasie, die nur im Nordosten der USA ursprünglich vorkommt.

 

Zweimal arbeitete ich an Bord. Zunächst im Winter und Frühjahr 2011 als einfacher Matrose und später im Sommer 2015 als Bootsmann.

Durchfahrt unter der Golden Gate Bridge in San Francisco auf der Bram-Rah.

Arbeit an der Mars-Rah als Bootsmann im Sommer 2015.

Trotz der geringen Größe des Schiffs sind die Masten recht hoch.

Das Hauptdeck der Lady Washington.

Arbeiten im Rigg in Redwood City, California.

Das Vorgeschirr der Lady Washington. Sie hat keinen Stampfstock, stattdessen eine Blinderah, durch die Geien laufen, um die Kraft des Außenklüvers zu kontern.

Bei gesetztem Außenklüver wird die Blinderah gebrasst, so dass die Luv-Nock unten ist. Wegen der horizontalen Lage von Bugspriet und Klüverbaum wird das tatsächlich durch das Brassen erreicht, auch wenn die Rah dann gedumpt aussieht. 

An meinem freien Tag in San Francisco besichtige ich Alcatraz und sehe prompt meinen Arbeitsplatz vorbeisegeln.