Denis Sullivan

 

Früher fuhr die Denis Sullivan jeden Winter in die Karibik, doch nachdem das Museum Discovery World sie im Jahr 2008 übernahm, wurde dafür kein Geld mehr zur Verfügung gestellt. Da die Winter in Milwaukee aber bei Weitem zu rau sind, um das Schiff einfach so den Elementen auszusetzen, musste sie bis zu ihrem Verkauf an die Ostküste im Jahr 2022 stets im späten Herbst komplett abgetakelt und im Frühjahr wieder aufgetakelt werden, was mir die Gelegenheit gab, gleich schon bei meiner ersten nur zwei Monate währenden Anstellung als Berufsmatrose im Herbst 2010 erste Takelerfahrung zu sammeln.

 

Beim Abtakeln werden nicht nur Kilometer von Tauwerk und hunderte von hölzernen Umlenkblöcken an Deck gebracht, sondern auch die hunderte von Kilos schweren Bäume und Gaffeln und sogar die obersten Mastsegmente und die schweren Drahtseile, die diese abspannen. Auf Schratseglern sind Masten normalerweise zweigeteilt: Es gibt den Untermast und die Stenge. Rahseglermasten haben traditionell sogar zwei Stengen, die Mars- und die Bramstenge. Diese können ohne Hilfe eines Krans vermittels eines sogenannten Stengefalls an Deck gefiert werden. Auf der Denis Sullivan  standen am Ende nur noch die Untermasten und deren Wanten – alles andere wurde eingelagert.

 

Während des gesamten Abtakelns 2010 durfte ich nicht ein einziges Mal den Mast hochklettern. Die Arbeit im Rigg wurde von erfahreneren Seeleuten durchgeführt, während ich an Deck das Jolltau bediente, mit dem ich Werkzeuge den Mast hinaufzog und abgebaute Teile der Takelage herunterfierte. Ich beschriftete alle abgebauten Elemente, damit sie im Frühjahr auch wieder dorthin finden würden, wo sie hingehören, und sog alles um mich herum mit großer Faszination auf wie ein Schwamm, um eines Tages selbst im Rigg arbeiten zu dürfen.

 

Schon im nächsten Frühjahr, als Wynne und ich vor unserer bevorstehenden Pazifiküberquerung für einen Monat wieder auf der Sullivan arbeiteten, um die Reisekasse ein wenig zu erweitern, war es so weit. Als der Bootsmann und der erster Offizier ein Problem nicht lösen konnten, weil ihnen außer nackter Gewalt nichts einfiel, schickte Captain Tiffany den Maschinisten und mich ins Rigg, um eine kreative Lösung zu finden, und in weniger als einer halben Stunde hatten wir das, was die anderen beiden in zwei Stunden angerichtet hatten, geradegebogen. In späteren Jahren kam ich teilweise nur zum Auf- oder Abtakeln. Dann arbeitete ich allerdings ausschließlich im Rigg.