Wavertree

 

Der nächste Job begann im Frühjahr 2016 auf der Wavertree. Es war mein erster reiner Takeljob, in diesem Fall für ein Museumsschiff, das nie segeln würde. Es gehört bis heute dem South Street Seaport Museum in Manhattan und kann dort unweit der Brooklyn Bridge bewundert werden. Die Wavertree ist ebenfalls ein Vollschiff, allerdings ein wunderschönes historisches. Sie wurde 1885 in Southampton gebaut und ist fast 100 Meter lang.  Das Interessante an ihr ist, dass Rumpf und Untermasten aus Eisen gefertigt wurden, so dass sie zum Zeitpunkt ihres Baus bereits in doppelter Hinsicht obsolet war: Erstens begann die Dampfschifffahrt, Segelschiffe zu verdrängen, und zweitens wurden Schiffe bereits aus Stahl gebaut. 1910 verlor die Wavertree am Kap Hoorn in einem Sturm ihren Großmast und seitdem ist sie nicht mehr gesegelt, doch der Fock- und der Besanmast sind noch original, bestehen aus handvernieteten, fast 140 Jahre alten Eisenplatten und wiegen jeweils um die 14 Tonnen.

 

Verschiedene Faktoren führten dazu, dass schließlich 13 Millionen Dollar für eine Restaurierung bereitgestellt wurden. Erstens nahm das Schiff in Hurricane Sandy leichten Schaden, so dass die Versicherung Teile der Kosten übernahm. Zweitens wurde das vorherige Flaggschiff des Museums, die Peking, an eine deutsche Stiftung verkauft und nach über 80 Jahren zurück nach Hamburg überführt. Somit wurde die Wavertree zum neuen Aushängeschild des Museums befördert und die Stadt New York stellte einen generösen Zuschuss bereit.

 

Bereits bevor ich zum Team stieß, hatte dieses die Takelage komplett auseinandergenommen. Über den Winter überholten wir sämtliche Drahtseile, trensten, schmarteten, bekleedeten, tränkten in Wurzelteer, erneuerten Kneifbändsel und spleißten neu. Alleine das Aufwickeln eines einzelnen Drahtseils konnte drei bis vier von uns beschäftigen, denn die dicksten Drähte hatten fast fünf Zentimeter Durchmesser und die längsten von ihnen, von denen es immerhin achtzehn gab, wogen jeweils fast 400 Kilo. Im Frühsommer begannen wir dann, das neue stehende Gut wieder an Bord zu installieren.

 

Die Arbeit war hart und heiß, aber ich genoss das Leben in New York und lernte während dieser Zeit auf einer Party auch einen der Gründer der Root Community kennen, für die ich anschließend Baumhäuser baute. In dieser Hinsicht veränderte meine Zeit auf der Wavertree mein Leben grundlegend.

Der Kran hebt den Großmast an, um ihn zu stellen. Gut zu sehen das Stengefall, mit dem die Stenge später hochgezogen wird.

Stellen des Fockmasts. Ich achte darauf, dass er die Decksdurchführung sauber trifft.

Die Takelhalle. Sie ist lang genug, um die immensen Drahtseile waagerecht aufzuspannen, so dass wir an ihnen arbeiten können.

Mit Kettenzügen heben wir die schweren Augen der Wanten an, um sie in ihre korrekte Position zu drehen.

Der riesige Bauch des Schiffs mit dem Mastfuß für den Fockmast im Vordergrund.

Blick vom Fockmast auf den Bug des Schiffs. Unter mir die Obermars-, Untermars- und Fockrah.

Die Wavertree am South Street Seaport Museum in Manhattan nach ihrer Fertigstellung.