Sea Cloud II

 

Die Sea Cloud II ist ein 1999 gebautes, als Dreimastbark getakeltes Kreuzfahrtschiff. Im Herbst 2018 tauschten wir in Las Palmas de Gran Canaria ihren Besanmast aus. Die Arbeit war spaßig und nicht übermäßig stressig, die Unterbringung an Bord in den 5-Sterne-Kabinen und die Verpflegung durch die Köche des Luxus-Seglers fantastisch.

 

Spannend war dabei auch, das Schiff als ganzheitliches Projekt zu betrachten, denn in der kurzen, einwöchigen Werftzeit musste so Einiges repariert werden, und so wuselten über 300 externe Facharbeiter auf und unter Deck herum, um das Schiff auf 5-Sterne-Standard zu halten. Elektriker, Schweißer, Schreiner, Restauratoren und Hastdunichtgesehen rannten rum wie aufgezogen, um den enormen Berg an kleinen und großen Projekten in der Kürze der Zeit zu stemmen. Das riesige Schiff war dafür aus dem Wasser gezogen worden und stand an Land. Drei Tage, bevor es zurück ins Wasser sollte, brauchte ich etwas aus dem Maschinenraum und musste mit Verwunderung feststellen, dass es dort keine Maschine gab. Die lag in Einzelteilen verstreut herum. Ich fragte mich, ob die Mechaniker denn wüssten, dass das Schiff in drei Tagen wieder Passagiere aufnehmen soll, aber dann fiel mir auf, dass dem Schiff zum gleichen Zeitpunkt auch noch ein Mast fehlte, und dass die Mechaniker wahrscheinlich das Gleiche über uns dachten. Alle Teams aber hatten ihre Arbeit exzellent geplant und obwohl drei Stunden vor dem Zuwasserlassen noch ein zehn Quadratmeter großes Loch im Rumpf klaffte, das noch zugeschweißt werden musste, wurde der Zeitplan fast eingehalten.

 

Unser Takelprojekt war ebenfalls interessant. Zwar ist der Besanmast der achterlichste und somit kleinste der drei Stahlmasten, doch mit einer Gesamtlänge von 45 Metern und einem Gewicht von 16 Tonnen ist er dennoch nicht zu verachten. Der größte mobile Kran, den es auf den Kanaren gibt, musste extra aus Teneriffa eingeschifft werden, um den alten Mast zu ziehen und den neuen einzusetzen, doch selbst dieses Monstrum war voll ausgefahren nicht groß genug und musste noch eine Verlängerung aufgesetzt bekommen. Der Kran verfügte über eine Hubkraft von 800 Tonnen, die bei maximaler Auslage aber auf 18 Tonnen schrumpfte, was sich fast als nicht ausreichend herausgestellt hätte. Der alte Mast war etwas schwerer als der neue, und zunächst zog der Kran vergeblich. Zum Glück stellte sich bald heraus, dass die Schweißer lediglich vergessen hatten, den Mast von einem der vielen Zwischendecks freizuschneiden, mit denen er verschweißt war. Als dieser Mangel behoben war, funktionierte alles recht reibungslos.

 

Natürlich aber beschränkte sich unser Job nicht auf das Rausziehen des alten und Einsetzen des neuen Masts. Masten sind mit zahlreichen dicken Drahtseilen nach vorne, nach achtern und zu den Seiten abgespannt. Diese mussten natürlich zunächst vom Schiff getrennt, dann vom alten auf den neuen Mast übertragen und schließlich wieder am Schiff befestigt werden. Zudem trug der Mast zwar keine Rahen, dafür aber einen Baum und zwei Gaffeln, die ebenfalls abgebaut werden mussten, bevor der Mast überhaupt gezogen werden konnte, und die es nach dem Stellen des neuen Masts wieder anzubasteln galt.

Der Fockmast der Sea Cloud II vom Großmast aus betrachtet.

Einfahrt in den Schiffslift, der das Schiff aus dem Wasser ziehen wird. Gut zu sehen die vielen Drahtseilwinden seitlich, die den Boden anheben.

Die Takel-Crew auf dem alten Mast. Warum ich als Einziger keinen Helm trage, weiß ich nicht.

Der neue Mast hängt am Kran.

Vom Oberdeck bis zum Kiel muss der Mast durch mehrere Zwischendecks.

Fertig. Die Sea Cloud II mit neuem Besanmast.