Thor Heyerdahl

 

Wie die Roald Amundsen wurde auch die Thor Heyerdahl nicht als reines Segelschiff gebaut, sondern als Motorfrachtsegler. Sie wurde von 1979 bis 1983 zum dreimastigen Toppsegelschooner umgebaut. Sie ist somit hauptsächlich ein Schratsegler mit neun Segeln, die parallel zur Längsachse des Schiffs verlaufen, hat aber auf dem vordersten, dem Schoonermast auch drei Rahsegel. Die Thor ist 50 Meter lang, hat ein Stahldeck, das im Sommer zu heiß und im Winter zu kalt ist, und ein Deckshaus, das bei jeglichen Segelmanövern auf nervigste Art im Weg ist. Ihr Rumpf ist kaum zum Segeln geeignet, und bei schwerer See kann die Crew nicht einmal trockenen Fußes von der Koje bis zur Regenbekleidung gelangen. Ihr merkt schon, ich bin kein großer Fan.

 

Aber trotzdem hat natürlich auch die Thor ihren Charme. Das liegt einerseits an den Leuten, denn obwohl die im Büro sich große Mühe geben, die Crew zu vergraulen, gibt es in derselben einen fantastischen Zusammenhalt. Und andererseits liegt es daran, dass die Thor trotz aller Inkohärenzen trotzdem ein Tradi-Segler ist, und ob es historisch wirklich je eine Untermars ohne Obermars in einem Rigg gegeben hat (ich weiß es nicht – es klingt nur etwas abwegig), muss das nicht unbedingt stören. Wie bereits zuvor gesagt, beantworte ich die Frage, was ein Traditionssegelschiff sei, zumeist dergestalt, es handele sich dabei um die Schiffe, die man aus Piratenfilmen kenne, muss dann allerdings zugeben, dass auch Hollywood nicht allzu viel Wert auf historische Kohärenz legt. In der Miniserie Crossbones mit John Malkovich spielte neben El Galleon, der Replika eines Schiffs aus dem 16. Jahrhundert, auch der Baltimore Clipper Amistad mit, was nicht ganz passt, da diese Schiffsart erst im Krieg von 1812 designt wurde. Ich glaube kaum, dass sich jemand außer mir daran gestört hat, und ebenso stört sich kaum jemand an den Unzulänglichkeiten der Thor.

 

Mit der Thor fuhr ich im Covid-Frühjahr 2021 von den Kapverden über die Azoren zurück nach Kiel. Vorgesehen war ich als Bootsmann. Weil aber Simon, den ich auf den Kapverden als solchen ablösen sollte, doch weiterzumachen beschloss, fuhr ich als Takler und Wachführer mit. Doof war, dass die Projektleitung von Klassenzimmer unter Segeln damals furchtbar war. Ich glaube aber, dass diese inzwischen gewechselt hat, so dass Hoffnung besteht, dass die Thor wieder Spaß machen kann.