05.04.2023: Hanavave Bay/Fatuhiva: Die womöglich schönste Bucht der Welt

Vier Tage nach meiner Ankunft in Hiva Oa segele ich weiter nach Fatuhiva. Ich kann das Boot ohne Probleme alleine bewegen. Nur wenn etwas im Rigg kaputtginge, hätte ich unter Umständen Probleme. Die Passage von Hiva Oa nach Fatuhiva aber ist Genuss pur. Nach 37 schleppenden Tagen auf dem Weg von Panama nach Hiva Oa habe ich an diesem Tag ausreichend Wind, der noch dazu von vorne kommt, so dass man ihn auch wirklich fühlt. Acht Boote steuern die gleiche Bucht an, es wird ein Rennen um den besten Ankerplatz und niemand refft eine Sekunde zu früh. Es ist toll zu sehen, wie die Boote sich schräg legen – oder krängen, wie der Seemann sagt – wie die Tonnen von Winddruck die Segel spannen. Am Ende bin ich schnellster im Feld und komme als Zweiter an, weil ich im ersten Teil des Rennens aus ungekanntem Grund nicht so schnell war, wie ich es hätte sein müssen. Vielleicht hatte sich etwas in Kiel oder Ruder verfangen, was sich dann irgendwann losriss. Nach den Wochen der Flaute tut es gut, mal wieder die Elemente zu spüren, hart am Wind zu segeln.

 

Hanavave Bay in Fatuhiva ist eng und voll, aber im dritten Anlauf finde ich einen guten Halt mit ausreichend Platz. Mein Kumpel Del kommt mit seinem Dinghy rüber, um mir zu helfen. Seit wir uns in Panama gegenseitig eine gute Überfahrt gewünscht haben, sind fast sechs Wochen vergangen. In der Zwischenzeit ist viel passiert. Er, Ryan und Nick sind mit der Dignity am Vortag angekommen.

 

Es liegt durchaus im Bereich des Vorstellbaren, dass Hanavave die schönste Bucht der Welt ist. Wer hat das schon je verglichen? Vor uns liegt ein tiefgrünes Tal, mit steilen Wänden in den Berg gefräst, das von Ehrfurcht erregenden Felstürmen bewacht wird. Unter uns tummeln sich Mantarochen, die mit weit aufgerissenen Mäulern umherschwimmen, um Plankton aus dem Wasser zu filtern, und die uns beim Schnorcheln ohne jegliche Scheu beachtlich nahekommen. Seit ich vor sechs Jahren das letzte Mal hier war, hat sich außer der Anzahl der Boote nichts verändert. Damals waren es drei. Jetzt sind es neunzehn.

 

Gleich bei meinem ersten Landausflug finde ich ein weiteres Beispiel der fantastischen Gastfreundschaft der Marqueser, die ich schon bei meinen ersten beiden Besuchen auf dem Archipel bewundern durfte. Ein Bildhauer, der normalerweise Tiki-Statuen meißelt, heute aber seinen Sonntag genießt, winkt mich, als ich vorbeigehe, in seinen Garten. Nach kurzem Smalltalk fragt er, ob ich Früchte möge. Ich bejahe, und er pflückt mir drei große, reife Pomelos von einem Baum. Ob ich Brotfrucht äße, fragt er dann, was nicht selbstverständlich ist, weil diese gegart werden muss – idealerweise im offenen Feuer – und nicht jeder weiß, wie das geht. Ich liebe Brotfrucht, und als ich nicke, ruft er seinen Nachbarn herbei, der mich zu seinem Brotfruchtbaum führt und mir ein ordentliches Exemplar überreicht. Zurück beim Künstler, um mich bei ihm zu bedanken, bietet dieser mir auch ein Croissant an, glaube ich zumindest, denn mein Französisch ist ziemlich bescheiden. Da ich im Intervall faste und es noch keine Essenszeit ist, zögere ich einen Moment, den er nutzt, um das Gebäck zu spezifizieren: Thon. Jetzt verstehe ich. Er hat mir kein Croissant, sondern Poisson angeboten, Fisch also, und zwar Thon: Thun. Ich nicke, ob der unglaublichen Großzügigkeit etwas verlegen, und kurz darauf kommt er mit einem zwei Kilo Stück feinsten Gelbflossen-Filets zurück. Es ist Teil der Polynesischen Kultur, zu teilen und zu geben, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Trotzdem wünschte ich, ich hätte etwas, womit ich mich revanchieren könnte. Am Abend lade ich Jacqui, Gerard, Del, Ryan und Nick zum Thunfischessen ein.

 

Als meine damalige Freundin Wynne und ich 2011 als Crew auf den Marquesas landeten, mussten wir das Boot verlassen. Das war von Anfang an so abgesprochen. Es gehörte einer französischen Familie, die nur für die lange Passage Crew brauchte. Damals blieben wir einen Monat auf der Insel Nuku Hiva, zelteten zumeist an einsamen Stränden und kochten auf offenem Feuer, wurden aber auch gelegentlich von Leuten eingeladen, bei ihnen zu übernachten und mit der Familie zu essen. Zudem überhäuften uns die Einheimischen mit Früchten, die sie uns ans Zelt brachten. Seit dieser Zeit haben die Marquesas und ihre Bewohner einen ganz speziellen Platz in meinem Herzen. Sie waren die erste Station meines ersten großen Abenteuers auf See. Es fühlt sich fast ein wenig an, als würde ich nach Hause kommen.

Mantas ohne Ende. Insgesamt war ungefähr ein Dutzend da. Die Sicht unter Wasser ist nicht die beste, aber wäre kein Plankton da, kämen auch keine Mantas zum Mittagessen.

Ein grünes Tal, eingerahmt von enormen Felstürmen: Hanavave ist eine der schönsten Buchten der Welt.

Das Schwimmdings. Nach mehreren Jahren Dürre ist die Vegetation an den Hängen nicht mehr ganz so üppig, wie ich sie in Erinnerung hatte, aber immer noch schön.

Mein Kumpel Del kommt mich abholen, um mit den Mantas zu schwimmen.

Zwei Mantas schwimmen direkt auf mich zu. Beim Fressen sind Mantas sehr verspielt und stören sich nicht im geringsten an menschlichen Zuschauern.

Die weißen Stellen reflektieren das Sonnenlicht und leuchten förmlich.

Beim Fressen machen Mantas alle möglichen Verrenkungen und Überschläge. Warum, weiß ich nicht. Vielleicht einfach, weil's Bock bringt.

Ich habe vergessen, wie der Wasserfall heißt, aber eine Erfrischung ist in den inneren Tropen stets willkommen

Sonnenuntergänge in den Tropen sind häufig spektakulär. Da macht Fatuhiva keine Ausnahme.

Die Bucht aus der Vogelperspektive. Wer das Schwimmdings erkennt, hat gute Augen.

Mantas filtern das Plankton durch ihre Kiemen, die an der Unterseite des großen Mauls gut sichtbar sind.

Durch die lange Dürre führt der Wasserfall nicht so viel Wasser, wie ich es von meinem letzten Besuch vor sechs Jahren in Erinnerung habe.

Die enormen Felstürme, die die Bucht so prägen, mal von der anderen Seite.

In einem Strandfeuer röste ich die Brotfrucht, die man mir geschenkt hat. Im Hintergrund haben die Boote inzwischen ihre Ankerlichter eingeschaltet.

Haufenweise Schnorchler begutachten die Mantas, woran diese sich allerdings nicht stören. Im Hintergrund die wunderschöne Bucht.

Steile Hänge und tiefe Schluchten prägen das Bild der Marquesas. Alles ist von üppiger Vegetation überzogen.

Die Bucht endet in einem grünen Tal mit steilen Hängen und einem zackigen Grat.

Zum Abschluss noch ein Manta.

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